Vegane Aufkleber und Sticker ‒ Warum? Wie? Und muss das überhaupt?
Was ist an Aufklebern nicht vegan?
Aufkleber enthalten oft mehrere Komponenten, die nicht vegan sind. Klebstoffe können Kasein enthalten, ein Protein, das aus Kuhmilch gewonnen wird. Aber nicht nur Klebstoffe, auch Bindemittel, Lösemittel und Hilfsstoffe, die in der Herstellung von Aufklebern eingesetzt werden, können Bestandteile tierischen Ursprungs enthalten.
Typische tierische Inhaltsstoffe in Aufklebern können Schellack (ein Sekret von Lackschildläusen), Gelatine (gewonnen aus Tierknochen und -haut), Karmin (ein Farbstoff, hergestellt aus Läuseblut), und Knochenleim sein. Während einige tierische Inhaltsstoffe wie Farbstoffe aus Tintenfischen oder Purpurmuscheln heutzutage seltener verwendet werden, bleibt die Verwendung anderer tierischer Produkte bestehen.
Auch bei der Papierproduktion für Aufkleber, können nicht vegane Hilfs- und Inhaltsstoffe verwendet werden. Hierzu zählen beispielsweise Diglyceride von Speisefettsäuren tierischen Ursprungs. Schwarze Papiere, die für Aufkleber in der Regel nicht relevant sind, können mit Tierkohle (Knochenkohle) gefärbt worden sein.
Müssen Veganer:innen vegane Aufkleber verwenden?
Um diese Frage zu beantworten, müssen wir zunächst klären, was „vegan“ bedeutet, denn, dass etwas keine tierischen Bestandteile haben darf greift hier zu kurz. Laut Definition bedeutet Veganismus nämlich „so weit, wie es praktisch durchführbar ist – alle Formen von Ausbeutung und Grausamkeiten an leidensfähigen Tieren für Essen, Kleidung und andere Zwecke zu vermeiden“ (Vegan Society).
Demnach ist ein Produkt auch dann mit Veganismus vereinbar, wenn es schlicht keine Alternativen gibt und ein Verzicht nicht möglich ist. Für einige Medikamente kann das der Fall sein. Auch für Druckprodukte kann das vor einigen Jahren noch zugetroffen haben. Nehmen wir an, dass ein Unternehmen Etiketten für Lebensmittel drucken musste. Ein Verzicht auf das Etikett ist hier nicht möglich, da bestimmte Informationen auf dem Produkt gesetzlich vorgeschrieben sind. Das Etikett ohne tierische Bestandteile zu drucken war möglicherweise ebenfalls nicht möglich, da Druckereien, aufgrund fehlenden Bewusstseins, keine Aussage zu Hilfs- und Produktionsstoffen treffen konnten.
Heute ist das jedoch anders. Wer sich bewusst für vegane Aufkleber, Etiketten und andere Druckprodukte entscheiden möchte, findet Druckereien, die entweder nach eigener Aussage, oder ‒ noch besser ‒ durch das V-Label bestätigt, vegane Druckprodukte anbieten. Es gibt Fälle, in denen Druckprodukte, die als vegan gekennzeichnet sind, möglicherweise nicht vegan sind. Dies kann daran liegen, dass nicht alle Aspekte der Herstellung – von der Papierproduktion bis hin zu den verwendeten Druckfarben – betrachtet werden oder weil die Lieferkette und deren Produkte nicht vollständig überprüft werden. Bei Produkten, die mit dem V-Label ausgezeichnet sind, werden alle beteiligten Materialien geprüft.
Das große ABER ‒ (vegane) Aufkleber kaufen, die bereits gedruckt wurden
Natürlich lassen die wenigsten Menschen ihre Aufkleber selbst direkt in einer Druckerei drucken. Die meisten Aktivist:innen ‒ egal ob es um Menschen- oder Tierrechtsaktivismus geht ‒ bestellen ihre Aufkleber in einem Shop. Die Aufkleber hier im Shop sind vegan, aber die Auswahl ist noch recht überschaubar. Wenn es dir jedoch wichtig ist, Bewusstsein zu einem bestimmten Thema zu schaffen, bist du evtl. auf Aufkleber oder Flyer angewiesen, die nicht vegan gedruckt wurden oder zumindest nicht mit Sicherheit so deklariert werden können.
In diesem Fall sehe ich persönlich kein Problem darin, potenziell nicht vegane Aufkleber trotzdem zu verwenden, da das andernfalls bedeuten würde, ein anderes wichtiges Ziel aufzugeben. In der Definition der Vegan Society heißt es zudem zusätzlich „Veganismus ist eine Lebensweise, die […] in weiterer Folge die Entwicklung und Verwendung von tierfreien Alternativen zu Gunsten von Mensch, Tier und Umwelt fördert„. Zum Grundgedanken des Veganismus gehört also nicht nur etwas zu Gunsten der Tiere zu tun, sondern auch zu Gunsten von Mensch und Umwelt. Aktivismus zu unterlassen, der sich gegen Faschismus, Ableismus, Queerfeindlichkeit etc. richtet mit einem „Für-die-Tiere-Argument“ scheint mir daher kurzsichtig und mit dem Kampf für Veganismus nicht vereinbar. Damit möchte ich nicht sagen, dass wir Tierleid in Kauf nehmen sollten, sobald es einem „höheren Zweck“ dient. Doch, wenn es tatsächlich an Alternativen mangelt, können wir etwas trotzdem kaufen / nutzen und gleichzeitig die Hersteller auf Alternativen aufmerksam machen.
Ist „Das Tier wird komplett genutzt“ ein Argument für einige tierische Hilfsstoffe?
Nein. Denn je profitabler es ist, Tiere zu töten, um so unwahrscheinlicher ist eine Zukunft, die ohne unnötiges Tierleid auskommt. Der Gedanke, dass das Tier komplett genutzt wird, scheint für omnivor lebende (fleischessende) Menschen logisch zu sein. Doch wir leben nicht in einer Welt, in der die Wurst in der Packung von nur einem Tier stammt. Die romantische Vorstellung, dass der Bauer nebenan ein Schwein schlachtet und komplett selbst verarbeitet oder die Haut zum Gerber nebenan gibt, entspricht nicht der Realität.