Die Tage habe ich eine Folge des Podcasts 1,5 Grad von und mit Luisa Neubauer von Fridays for Future gehört. Ich mag den Podcast sehr, habe höchsten Respekt von der Arbeit von Luisa Neubauer und man trifft mich auch auf Demos von Fridays for Future.

Diese Folge hat mich jedoch teilweise sehr geärgert, weshalb ich etwas dazu schreiben möchte. Denn was für mich nach dieser Folge hängen blieb, war die Botschaft, dass Konsumentscheidungen Einzelner fast keinen Wert haben, dass Konsumkritik kontraproduktiv ist und, dass das befolgen von Ökotipps Energieverschwendung ist. Und das obwohl Dr. Laura Spengler vom Umweltbundesamt für nachhaltigen Konsum (zum Glück) mehrfach gegenteilig argumentiert.

Luisa Neubauer fragt Frau Dr. Laura Spengler beispielsweise, wer verantwortlich dafür sei, dass Konsum nachhaltig und klimafreundlich wird. Ihre Antwort ist, dass dies eine Frage sei, die man am Besten aus Sicht der Ethik beantworten kann. D.h., es gebe eine geteilte Verantwortung zwischen Politik, Wirtschaft und insbesondere Verbraucher:innen, wobei jedoch keine Partei auf die andere warten sollte, wie es häufig passiert. Das Wirtschaftsunternehmen sagt es stehe im Wettbewerb und könne daher nichts machen, bevor die Politik nicht die Grundlagen geschaffen hat und die Verbraucher sagen, das sei alles zu viel um etwas dafür zu tun. Die Politik wiederum argumentiert, dass ein einzelnes Land nicht mehr wettbewerbsfähig sei, wenn es allein handle und schiebt die Verantwortung zur EU oder der internationalen Gemeinschaft. 

Die Politik nimmt uns nicht ernst, solange die Wirtschaft uns nicht ernst nimmt und die nimmt uns nur ernst, wenn wir unser Konsumverhalten ändern. Das ist nicht nur blinde Konsumkritik, sondern an einem Beispiel belegbar: Inzwischen ist jeder Zehnte in Deutschland produzierte Liter Milch pflanzlichen Ursprungs (Stand: 2021) – eine Tatsache die undenkbar wäre, wenn die Wirtschaft damit nicht auf ein bewussteres Konsumverhalten reagiert hätte. Dass sich das Konsumverhalten in den letzten Jahren so drastisch geändert hat liegt meiner Meinung nach – und da stimme ich mit Luisa Neubauer wahrscheinlich überein – an Menschen die sich seit vielen Jahren in Umwelt- und Tierschutzorganisationen engagieren. D.h. an der politischen Arbeit vieler Einzelner. Politische Arbeit jedoch, deren Haupt-Zielgruppe nicht wie bei FFF politische Parteien oder Wirtschaftsunternehmen sind, sondern jede:r Einzelne von uns. Arbeit, die zum Ziel hat das Bewusstsein von Menschen durch Aufklärung zu ändern und das geht nicht ohne Konsumkritik. Für mich bedeutet das ausdrücklich nicht einzelne Menschen dafür zu diffamieren, dass sie Fleisch essen, Flugzeug fliegen oder Milch trinken. Es bedeutet jedoch, gelegentlich nicht drumherum zu kommen deutlich zu sagen: “Der Konsum von 1kg Rindfleisch verbraucht so viel Wasser, so viel CO² – wenn dir das Klima wichtig ist, gibt es keinen Grund dafür (außer dem Geschmack) nicht darauf zu verzichten.”

Und mal Realtalk an der Stelle: Wenn ich über CO² und Wasser rede um Menschen von Fleischkonsum abzuhalten, ist das für mich nur ein Mittel zum Zweck. Denn beides sind für mich Größen, die ich nur schwer greifen kann. Worum es mir nämlich geht ist, dass es aus ethischer Sicht in unserer Gesellschaft falsch ist Tiere zu töten, weil es nicht nötig ist. Dafür braucht es eigentlich keine weiteren Argumente aber sie sind richtig und teilweise effektiver als das Argument, dass Tiere empfindungsfähig sind. Daher ärgert es mich so sehr, wenn Luisa Neubauer den Anschein erweckt unser Konsumverhalten spiele keine Rolle. Selbst wenn ich damit übereinstimmen würde, dass es den geringsten Effekt hat – was ich nicht tue, nimmt mir diese Ansicht wichtige Argumente gegen Tierleid. Luisa Neubauer ist mit ihrer Kritik an Konsumkritik natürlich nicht allein Meine Erfahrung ist jedoch, dass Menschen dieses Argument oft zur Verteidigung nutzen. Doch bei veganer Konsumkritik geht es nicht darum Personen anzugreifen, sondern Lebewesen zu schützen.

Es stimmt, Aktivismus und politische Arbeit kosten Kraft, Energie und Zeit – Ökotipps zu befolgen und vegan zu leben bedeutet jedoch lediglich Gewohnheiten zu ändern. Das hat mit Aktivismus nichts zu tun, sondern ist etwas, dass du nebenbei tun kannst. In dem Moment, wo du das Gefühl hast es ist dir gerade zu viel eine Gewohnheit zu ändern – und sei es nur von Plastik- auf Holzzahnbürsten umzusteigen – dann lass es und warte bis du für dich spürst “jetzt passt es”. 

Eine Klima- und Umweltschutzbewegung, die zunehmend vorlebt, was sie von Wirtschaft und Politik fordert, kann nur an Einfluss gewinnen.